Design mit Geschichte. Geschichtsbilder in Praxis und Theorie

GfDg-Jahrestagung
am 27. und 28. November 2015
im Vitra Design Museum, Weil am Rhein

Die Tagung „Design mit Geschichte: Geschichtsbilder in Praxis und Theorie“ thematisiert den Umgang mit Geschichte im Design. Sie signalisiert ein erhöhtes Geschichtsbewusstsein in der aktuellen Designpraxis und den Designwissenschaften und befragt aktuelle wie historische Positionen auf Unterschiede und Gemeinsamkeiten ihres Geschichtsverständnisses.

In den 1980er Jahren schienen die Fronten zwischen Moderne und Postmoderne und deren Verhältnis zur Geschichte noch klar erkennbar zu sein. Damals verteidigte Jürgen Habermas die Weiterarbeit an der Moderne gegen die Zeitströmungen eines konservativen Antimodernismus („Die Moderne – ein unvollendetes Projekt“, 1980). Habermas rechtfertigte die tendenzielle Geschichtslosigkeit der Moderne damit, dass sie „gegen die falsche Normativität eines aus der Nachahmung von Vorbildern geschöpften Geschichtsverständnisses“ gerichtet sei. Das postmoderne Design der 1980er, mit seinen assoziativen Bezügen zur Vergangenheit, formulierte demgegenüber eine dritte Position, die sich den Paradigmen der normativen Geschichte wie der Geschichtslosigkeit verweigerte.

Heute scheint es wiederum eine Rückwendung zur Geschichte zu geben. Die neue Qualität dieses Geschichtsbezuges soll während der Tagung im Vergleich mit früheren Positionen thematisiert werden. Vermutlich beruht der Geschichtsbezug aktueller Gestaltungen und Designtheorien auf einem gewandelten Geschichtsverständnis, das Fortschritt und folgerichtigen Entwicklungen eine Absage erteilt. Das, was jeweils als Vergangenheit gilt, wird neu ausgehandelt. Dabei wird in der Vergangenheit nach unausgeschöpften Potenzialen gesucht. Andererseits werden die Ambivalenzen und negativen Begleiterscheinungen historischer Epochen in Augenschein genommen. Im Design wird zum Beispiel die Moderne wieder aufgerufen, nicht mehr nur als Paradigma (Design-Klassiker, „Weniger ist mehr“) oder Inspirationsquelle für die Praxis, sondern als Motiv einer spekulativen Selbstbestimmung über vielschichtige Vergangenheiten.

Call for Papers 

Die Tagung „Design mit Geschichte: Geschichtsbilder in Praxis und Theorie“ möchte den Dialog zwischen Designpraxis, Designgeschichte und Designtheorie über das Geschichtsbild im Design fördern. Wir möchten erkunden, wie die Designpraxis das Bild der Designgeschichte geprägt hat und welche Perspektiven sich aktuell im praktischen und theoretischen Umgang mit der Geschichte eröffnen. 

Die Beiträge sollten sich auf eines der folgenden Themen konzentrieren:

1. Designgeschichte in der Designpraxis: Auf welche Weise hat Design die Vergangenheiten gestalterischer Praktiken einbezogen? Welche Epochen, Theoreme und Motive tauchten immer wieder auf und wie hat sich ihre Bewertung verändert?

2. Geschichtsmodelle in den Designwissenschaften: Was versteht und verstand man im Design unter Vergangenheit und was beeinflusst dieses Verständnis? Wie wirkten bestimmte Zeitumstände auf das Geschichtsinteresse im Design? Was bedeutet Vergangenheit in einer globalisierten Designindustrie?

3. Reproduktion und Designgeschichte: Welches Geschichtsverständnis charakterisiert Sammlungen, Ausstellungen, Re-Editionen und die Mediatisierung von Design? Welchem Wandel ist dieser Umgang mit Geschichte unterworfen?

Organisation:

Jochen Eisenbrand (Vitra Design Museum); Siegfried Gronert, Wolfgang Schepers, Esther Cleven (Gesellschaft für Designgeschichte)

Tagungsprogramm
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